Methoden und Theorien

Literatur für die Sitzung
  • Hickman, Rebecca. „What Is ‘Trans History’, Anyway?: Historiographical Theory and Practice in a Flourishing Field.“ Midlands Historical Review 5 (2021).
  • Heyam, Kit. Before We Were Trans: A New History of Gender. New York: Seal Press, 2022. (Introduction)
  • Lücke, Martin, and Irmgard Zündorf. Einführung in die Public History. 1st ed. Stuttgart: utb GmbH, 2018. (1. Kapitel)

Ergänzende Lektüre

  • Mowat, Chris. et al. (2024) Historicising trans pasts: An introduction. Gender & history. 36 (1), 3–13.
  • Skidmore, Emily. „Recovering a Gender-Transgressive Past: A Transgender Historiography.“ In A Companion to American Women’s History edited by Nancy A. Hewitt and Anne M. Valk. Newark: John Wiley & Sons Ltd., 2021.
  • McCann, Hannah , and Whitney Monaghan. Queer Theory Now: From Foundation to Futures. London: RED GLOBE PRESS, 2020.

Podcasts für die Öffis

  • Bad Gays: Magnus Hirschfeld
  • Bad Gays: Joe Carstairs

Trans* Geschichte & Theorie

Transgender studies “draws upon the powerful contestations of normative knowledge that emerged over the course of the twentieth century from critical theory, poststructuralist and postmodernist epistemologies, postcolonial studies, cultural studies of science, and identity‐based critiques of dominant cultural practices emanating from feminism, communities of color, diasporic and displaced communities, disability studies, AIDS activism, and queer subcultures and from the lives of people interpellated as being transgender.”

Quelle: Susan Stryker and Praisley Currah 2014: 4

Historiographie

Die Entstehung der Trans* Studies in den 1990er Jahren

In den 1990er Jahren formierte sich das Feld der Trans* Studies an der Schnittstelle von wachsendem Interesse an Geschlechterverhältnissen, queerem Aktivismus (insbesondere im Kontext der AIDS-Krise) und einer zunehmenden Sichtbarkeit von trans* Personen in der westlichen Öffentlichkeit. Diese Entwicklung ist eng verbunden mit der Entstehung der Gender und Queer Studies und steht in einer Tradition von Aktivismus und gesellschaftswissenschaftlichen Untersuchungen zu Geschlecht und Sexualität.

Wo entstanden die Trans* Studies?

Die ersten Programme und Diskurse zur Trans* Studies entwickelten sich vor allem an amerikanischen Universitäten und in Großstädten an den Schnittstellen zwischen der „traditionellen“ Akademie und heterogenen, städtischen Queer-Communities. In Deutschland, vor allem im wiedervereinten Berlin, entstanden erste aktivistische Strukturen rund um Figuren wie Nadja Schallenberg. Diese boten einen Ausgangspunkt für trans* politische Organisation und wissenschaftlichen Austausch.

Judith Butler – Gender Trouble (1990)

Warum Trans* Studies?

Trans* Studies entwickelten sich teilweise als „Beiprodukt“ der verstärkten wissenschaftlichen Beschäftigung mit Geschlecht und Sexualität in den Gesellschaftswissenschaften. Die Idee des performativen Geschlechts, wie sie von Judith Butler in Gender Trouble (1990) formuliert wurde, spielte hierbei eine zentrale Rolle. Butler argumentierte, dass Geschlecht eine sich durch Wiederholung konstituierende Identität sei, die sich im Zusammenspiel äußerer Handlungen manifestiere. Dies führte zu einer differenzierteren Sichtweise auf Geschlecht, die auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit trans* Identitäten legitimierte.

Ursprünge der Trans* Studies

Die Ursprünge der Trans* Studies sind eng mit den Themen und Perspektiven der Gender und Sexuality Studies verbunden. Häufig wurden sie unter einem gemeinsamen LGBTQ+-Schirmbegriff zusammengefasst. Wesentliche Texte der Trans* Studies gelten auch als grundlegende Werke in den Gender und Sexuality Studies. Ein Beispiel ist Sandy Stones Essay The Empire Strikes Back: A Posttranssexual Manifesto (1991), der als eines der ersten grundlegenden Werke der Trans* Studies gilt und die historische Entwicklung dieses neuen Forschungsfeldes vorantrieb.

Historische Tendenzen

Parallel zur Entwicklung der Trans* Studies zeigten die Gender- und Queer-Geschichtsschreibung sowie die Geschichte der Sexualität ein wachsendes Interesse an Geschlechterambiguitäten. In diesem Kontext wurde die Geschlechterüberschreitung oft durch feministische, geschlechts- und sexualitätstheoretische Ansätze analysiert. Die „passing women“-Theorie (Frauen, die als Männer auftreten) fokussierte hierbei wenig auf trans* Identitäten. Stattdessen sah der feministische Ansatz die Geschlechterüberschreitung als Reaktion auf patriarchale Unterdrückung, der Gender-Ansatz als bewusste Normüberschreitung und der Sexualitätsansatz als Ausdruck homosexueller Begierden.

Gesellschaftlicher Wandel

Die Trans* Studies wurden auch durch den zunehmenden, an der Basis organisierten, queeren Aktivismus beeinflusst. Die Rechtebewegung für LGBTQ+ und die Sichtbarkeit der Trans*-Rechtsbewegung wuchsen in dieser Zeit, oft als Reaktion auf gesellschaftliche und staatliche Versuche, die Kontrolle über den Körper auszuüben (z.B. im Kontext der AIDS-Krise). Aktivistische Bewegungen und wissenschaftliche Auseinandersetzungen befruchteten sich wechselseitig.

Anfänge der Trans* Geschichte

Neben der akademischen Arbeit spielte der Aktivismus eine entscheidende Rolle für die Entstehung der Trans-Geschichte. Die erste Welle der Trans-Wissenschaften wurde stark von trans* Aktivistinnen geprägt, die auf der Suche nach einer trans* Vergangenheit waren, um die Existenz moderner trans* Menschen historisch zu verankern. Leslie Feinbergs Werk Transgender Warriors: Making History from Joan of Arc to Dennis Rodman (1996) ist hier ein Beispiel. Feinberg schrieb, dass sie sich selbst in der Geschichte nicht wiederfinden konnte und fragte: „Hat es jemals jemanden wie mich gegeben?“

Fazit

Die Entstehung der Trans* Studies in den 1990er Jahren war Teil eines breiteren akademischen und aktivistischen Diskurses zu Geschlecht und Sexualität. Das Feld entwickelte sich in einem Umfeld aus feministischen, schwul-lesbischen und queeren Studien sowie intensivem Aktivismus. Die Trans* Studies haben sich mittlerweile als eigenständiges akademisches Feld etabliert und beschäftigen sich nicht nur mit der Geschichte und Theorie von Geschlechterüberschreitungen, sondern auch mit deren gesellschaftlicher Wirkung und kulturellen Wurzeln.


Die 2000er Jahre: Wendepunkt in der Trans* History

In den 2000er Jahren erlebten die Trans* Studies und die Trans* History einen Wendepunkt, der durch intensive akademische Debatten, neue Publikationen und einen wachsenden medialen Fokus auf Trans-Themen geprägt wurde. Während trans* Personen und ihre Geschichten zunehmend in den Medien sichtbar wurden, wuchs in den Geschichtswissenschaften das Bedürfnis nach einer eigenständigen Disziplin, die trans* Erfahrungen und Identitäten jenseits der bisherigen LGBTQ+ und Queer Studies beleuchten sollte.

Jack Halberstam

“Grenzkriege” in den Queer- und LGBTQ+ Wissenschaften

Die Frage, wie historische Subjekte in Bezug auf Geschlecht und Sexualität etikettiert werden sollten, sorgte für Spannungen. Jack Halberstam (1998) beschrieb diese Diskussionen als “Grenzkriege” zwischen den Disziplinen, bei denen die Angst aufkam, dass das moderne Label „trans“ historische homosexuelle oder geschlechtlich ambigue Erfahrungen überdecken könnte.

Eine zentrale Frage entstand: Können Begriffe des 20. Jahrhunderts wie „trans“ auf historische Subjekte angewandt werden, die lange vor der modernen Definition dieser Begriffe lebten? Historiker*innen befürchteten, dass durch die Verwendung des Begriffs „trans“ die historische Identität und Vielfalt der Menschen verloren gehen könnte. Diese Diskussion hält bis heute an und führte zu methodischen Reflexionen in der Geschichtsschreibung.

Schlüsselschriften und akademische Meilensteine

Joanne Meyerowitz – How Sex Changed: A History of Transsexuality in the United States (2002)
Meyerowitz beleuchtet in diesem Werk Christine Jorgensen, die in den USA als erste Person bekannt wurde, die 1952 eine geschlechtsangleichende Operation in Dänemark durchführte. Diese Arbeit zwang Historikerinnen, das zentrale und eigenständige Thema trans in die Geschichtsforschung aufzunehmen und inspirierte eine neue Generation von Forschenden zur Vertiefung des Themas.

Susan Stryker – Transgender History (2008)
Mit Transgender History etablierte Susan Stryker die Trans* History als eigenständiges akademisches Feld. Sie definiert „transgender“ als Menschen, die sich von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht lösen und die kulturellen Geschlechtergrenzen überschreiten. Strykers Werk beschreibt eine klare Entwicklungslinie und zeigt die historische Relevanz trans* Menschen im Kontext amerikanischer Geschichte. Sie gilt als eine der Begründerinnen und Vorreiterinnen der akademischen Trans* Studies.

Veränderung im historischen Verständnis

Abkehr vom „Passing Framework“
Die 2000er Jahre zeigten ein wachsendes Interesse an trans* Personen in der Geschichte, das sich vom früheren „Passing Framework“ (also die Vorstellung, dass Menschen nur aus bestimmten praktischen Gründen in einer anderen Geschlechterrolle lebten) hin zu einer differenzierteren Sichtweise verschob. Jason Cromwell definierte in Transmen & FTMs: Identities, Bodies, Genders & Sexualities (1999) drei Kategorien von „Frauen, die als Männer lebten“: (1) für kurzfristige Ziele oder Abenteuer, (2) aus Liebe oder (3) jene, die sich als Männer identifizierten. Diese Sichtweise förderte eine Offenheit gegenüber der Idee einer trans* Vergangenheit, die weit über das 20. Jahrhundert hinausgeht.

Mediale Aufmerksamkeit

In den Medien erlangten trans* Personen in den 2000er Jahren zunehmend Aufmerksamkeit, jedoch oft in Form sensantionalisierender und exotisierender Berichterstattung. Trans* Identitäten wurden häufig als fremdartig und skandalös dargestellt, was zwar zu mehr Sichtbarkeit, aber auch zu Klischees und Stigmatisierung führte.

Ende des Jahrzehnts: Ein eigenständiges Forschungsfeld

Bis Ende der 2000er Jahre hatten Historikerinnen begonnen, die methodischen Werkzeuge der Trans Studies in ihre Arbeit zu integrieren. Die Trans* History hatte sich in akademischen Kreisen als eigenständiges Feld etabliert, das nicht nur Trans-Perspektiven auf historische Identitäten und Praktiken beleuchtet, sondern auch unabhängig von Queer- und feministischen Studien eine selbstständige Geschichte trans Menschen erkundet.

Fazit

Die 2000er Jahre markieren den Moment, in dem die Trans* History eigenständige Anerkennung erlangte. Diese Disziplin zielte darauf ab, trans* Selbstwahrnehmungen und Praktiken jenseits queerer oder feministischer Kategorien historisch zu kontextualisieren und wissenschaftlich zu erfassen. Die akademischen Diskussionen und Publikationen in diesem Jahrzehnt legten die Grundsteine für eine trans* Perspektive auf die Geschichte, die auch heute noch die Forschung beeinflusst.


Die 2010er Jahre: Aufsteigendes Feld der Trans* Studies

In den 2010er Jahren erlebte das Feld der Trans* Studies einen deutlichen Aufschwung, sowohl in der akademischen Welt als auch in der breiten Öffentlichkeit. Die Sichtbarkeit trans* Personen stieg erheblich, und trans* Themen gewannen zunehmend an Relevanz in den Medien und in der gesellschaftlichen Diskussion.

Mediale Aufmerksamkeit

  • Laverne Cox: Im Jahr 2014 wird Laverne Cox, eine nicht-weiße trans* Frau, erstmals auf dem Cover des Time Magazine gezeigt mit dem Titel „The Transgender Tipping Point: America’s Next Civil Rights Frontier.“ Dies symbolisierte einen Wendepunkt in der Wahrnehmung von Trans*-Themen in der amerikanischen Kultur.
  • Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe: Mit der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA im Juni 2015 wurde die Diskussion um Trans-Rechte zu einem zentralen Anliegen von Aktivistinnen. Diese Bewegung wurde jedoch nicht von allen Teilen der LGBTQ+ Community gleich unterstützt, und die Rechte trans* Personen blieben ein umstrittenes Thema.

Entwicklungen in der akademischen Welt

  • Trans Studies Quarterly: Im Jahr 2014 erschien die erste akademische Zeitschrift zu trans* Themen, die Trans Studies Quarterly (TSQ). 2018 folgte die erste Ausgabe, die ausschließlich der Trans* Geschichtswissenschaft gewidmet war. Diese Publikationen waren entscheidend für die Etablierung der Trans* History als ernstzunehmendes akademisches Feld.
Erstes TSQ (2014)
Erstes TSQ zu Trans* Geschichte (2019)
Neustes TSQ (2024)

Entwicklung der trans* Geschichtswissenschaft in Deutschland

  • Sabine Meyer: 2018 veröffentlichte Sabine Meyer mit Auf nach Casablanca! eine wichtige Broschüre, die einen Überblick über die deutschsprachige Trans*-Geschichte bietet.
  • Erweiterung der Lili-Elbe-Bibliothek: Clara Hartmann erweiterte die 1998 gegründete Lili-Elbe-Bibliothek, die sich auf trans* Themen konzentriert.
  • Ausstellung im Schwulen Museum: 2019 wurde die Ausstellung „Unboxed: Transgender im Schwulen Museum?“ im Schwulen Museum in Berlin eröffnet, die trans* Themen in den Fokus der Öffentlichkeit rückte.

Theoretische Entwicklungen

  • Shift in der Analyse: In den 2010er Jahren gab es einen allgemeinen Wandel weg von identitätsbasierten Analysen historischer Subjekte hin zu „trans as practice“-Analysen. Dies bedeutet, dass die Analyse nicht mehr darauf abzielt, historische Figuren mit modernen Labels zu kennzeichnen, sondern dass trans* als Aktionsverb betrachtet wird, um nicht-normative Geschlechterkonzeptionen zu untersuchen.
  • „Transing Analysis“: Eine bedeutende theoretische Entwicklung war die Einführung von „transing analysis“ von Clare Sears, bei der „trans“ als Aktionsverb verwendet wird, ohne die Identität historischer Figuren anzunehmen. Dieser Ansatz legt den Fokus auf die Praktiken und Repräsentationen historischer Personen und die Herstellung der Grenzen zwischen normativen und nicht-normativen Geschlechtern.

Sozialer Wandel

Die 2010er Jahre sahen eine verstärkte Präsenz trans* Themen in den Mainstream-Medien und der Kultur, was sowohl zu größerer Sichtbarkeit und Akzeptanz trans* Personen führte, aber auch zu Widerstand und Rückschlägen. Im Zuge der legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA wurden Trans-Rechte zum neuen „Frontier“ der LGBTQ+ Community.

Emod Trans Studies (2019)

Aufstieg der frühneuzeitlichen und mittelalterlichen Trans* Geschichte

Es gab einen bemerkenswerten Anstieg des Interesses an trans* Geschichte in der frühneuzeitlichen und mittelalterlichen Forschung. Die Forschenden, die sich mit der mittelalterlichen Geschichte beschäftigten, waren schneller in ihrer Auseinandersetzung mit trans* Themen als ihre frühneuzeitlichen Kollegen.

Das erste Journal für frühneuzeitliche Trans* Studien, Early Modern Trans Studies, wurde von Simone Chess, Colby Gordon und Will Fisher herausgegeben und erschien 2019, was die Relevanz der Trans* Studies in der Geschichtswissenschaft unterstreicht.

Fazit

Die 2010er Jahre markierten einen bedeutenden Aufstieg der Trans* Studies sowohl in der akademischen Welt als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Durch die Einführung neuer theoretischer Ansätze und die Etablierung akademischer Publikationen und Veranstaltungen wurde die Trans* History als eigenständiges und wichtiges Forschungsfeld anerkannt. Die Auseinandersetzung mit trans* Identitäten und Praktiken bietet weiterhin wertvolle Einblicke in die Geschichte der Geschlechterverhältnisse und -konzeptionen.


Die 2020er Jahre: Etablierung des Feldes der Trans* Studies

Einleitung
In den 2020er Jahren erreicht die Aufmerksamkeit für trans* Themen einen neuen Höhepunkt, sowohl in den westlichen Medien als auch in der akademischen Welt. Diese Entwicklungen sind geprägt von bedeutenden gesellschaftlichen Veränderungen und kritischen Debatten über Identität und Intersektionalität.

Mediale Aufmerksamkeit und gesellschaftliche Veränderungen

  • Höhepunkt in den Medien: Die Veröffentlichung von Disclosure und die öffentliche Kontroversen um J.K. Rowlings transphobe Äußerungen haben trans* Themen ins Rampenlicht gerückt. Auch der Aufstieg von Donald Trump und die damit verbundenen gesellschaftlichen Spannungen trugen zur Sichtbarkeit trans* Anliegen bei.
  • Bewegung gegen rassistische Gewalt: Die Black Lives Matter-Bewegung hat viele der bestehenden Probleme in der queerpolitischen Landschaft in den Fokus gerückt. Kritiken an der etablierten queeren Politik decken rassistische Blindstellen auf und fordern eine umfassendere Diskussion über Intersektionalität.

Intersektionalität im Fokus

  • Trans-of-color-Kritik: Die Debatten betonen zunehmend die Bedeutung intersektionaler Ansätze, die die Erfahrungen von trans* Personen berücksichtigen, die von Klassismus, Ableismus und Transmisogynie betroffen sind.
    • C. Riley Snorton: In seinem Buch Black on Both Sides: A Racial History of Trans Identity (2017) untersucht Snorton die Wechselwirkungen zwischen Schwarzsein und Transidentität und die damit verbundenen Diskriminierungsformen im Kontext der US-amerikanischen Geschichte.

Explosion der trans* historischen Studien

Das Feld der trans* Geschichtswissenschaft erlebt eine „Explosion“ an Studien, die sich mit einer Vielzahl von Themen befassen, darunter non-binäres und intersexuelles Geschlecht.

Leah DeVun: Ihre Publikation The Shape of Sex – Nonbinary Gender from Genesis to the Renaissance (2021) beleuchtet nicht-binäre Geschlechter von der Antike bis zur Renaissance und trägt zur Erweiterung des Forschungsfeldes bei.

Edited Collection: Die Sammlung Trans Historical: Gender Plurality before the Modern (2021) bietet eine Plattform für die Erforschung vormoderner Geschlechterpluralität.

2024

Wachstum der internationalen Vernetzung

  • Erste internationale Konferenz: 2023 fand die erste International Trans* Studies Conference statt, die mehr als 800 Teilnehmende aus der ganzen Welt anzog. Dies unterstreicht das rapide Wachstum und die internationale Relevanz des Feldes.

Soziale Herausforderungen

  • Anti-Trans-Gesetzgebung: In den USA kam es in den 2020er Jahren zu einem Anstieg anti-trans Gesetzgebung, mit mehr als 100 Gesetzesentwürfen, die allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2021 eingeführt wurden. Diese Entwicklungen sind ein direkter Angriff auf die Rechte trans* Personen und machen die Notwendigkeit eines stärkeren aktivistischen und akademischen Engagements deutlich.
  • Debatten im Vereinigten Königreich: Im UK nehmen die TERF-Debatten (Trans-Exclusionary Radical Feminists) zu, was zu einer verstärkten anti-trans Rhetorik führt.

Fazit

Das Feld der Trans* Studies hat sich seit den 1990er Jahren dramatisch entwickelt. Während die frühen Studien oft darauf abzielten, historische Vorläufer zu identifizieren, um gegenwärtige Geschlechterüberschreitungen besser zu verstehen, hat die Forschung der letzten zehn Jahre bewiesen, dass die Trans* Geschichte für das Verständnis der Vergangenheit insgesamt von entscheidender Bedeutung ist.


Quellen
  • Hickman, Rebecca. „What Is ‘Trans History’, Anyway?: Historiographical Theory and Practice in a Flourishing Field.“ Midlands Historical Review 5 (2021).
  • Mowat, Chris. et al. (2024) Historicising trans pasts: An introduction. Gender & history. 36 (1), 3–13.
  • Skidmore, Emily. „Recovering a Gender-Transgressive Past: A Transgender Historiography.“ In A Companion to American Women’s History edited by Nancy A. Hewitt and Anne M. Valk. Newark: John Wiley & Sons Ltd., 2021.

Quellenarbeit – Linck & Rosenstengel

Umständliche Und Wahrhaffte Beschreibung Einer Land- Und Leute-Betrügerin : Welche Im 12ten Jahre Ihres Alters Unter Die So Genannten Inspiraten Gerathen, Und in Manns- Kleidern Mit Ihnen Herum Vagiret, Sich Etliche Mahl Tauffen, Auch Als Eine Manns- Mit Einer Weibs-Person Trauen Lassen … Endlich Aber Von Dem Ihr Anvertrauten Weibsbild Verrathen, Folglich Im 27ten Jahr Ihres Alters in Diesem 1720ten Jahr in Arrest Genommen, Und Gegen Sie Mit Der Inquisition Verfahren, Auch Dadurch Ihr Vielfältiger Betrug Und Boßheiten Entdecket Worden

Quelle

Umständliche Und Wahrhaffte Beschreibung Einer Land- Und Leute-Betrügerin : Welche Im 12ten Jahre Ihres Alters Unter Die So Genannten Inspiraten Gerathen, Und in Manns- Kleidern Mit Ihnen Herum Vagiret, Sich Etliche Mahl Tauffen, Auch Als Eine Manns- Mit Einer Weibs-Person Trauen Lassen … Endlich Aber Von Dem Ihr Anvertrauten Weibsbild Verrathen, Folglich Im 27ten Jahr Ihres Alters in Diesem 1720ten Jahr in Arrest Genommen, Und Gegen Sie Mit Der Inquisition Verfahren, Auch Dadurch Ihr Vielfältiger Betrug Und Boßheiten Entdecket Worden. Halle (Saale): Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, 2009, 1720. doi:http://dx.doi.org/10.25673/96306.

Catharina Maragetha Linck oder Anastasinus Lagrantinus Rosenstengel

Primärquellen

Anonymer Druck (1720)

Gerichtsdokumente (1721)

Quelle

„A[ct]a betr. Catharina, Margaretha Lÿnckern oder der sogen. Anastasius Lagrantinus Rosenstengel und dessen vermeintes Eheweib Cathar[ina] Margar[aretha] Mühlhahnen. 1721 Okt[ober] 13.“ Sig. I. HA Geheimer Rat, Rep. 33 Fürstentum Halberstadt, Nr. 62, 1715–1721 sowie 1722–1724. [Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin].

Bericht von Friedrich Wilhelm von Grumbkow an Friedrich I. von Preußen. I. HA Geheimer Rat, Rep. 63 Neuere Kriegssachen, Nr. 834, Bl. 42 Rs. und 43 Vs. [Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin].

Wiederentdeckung des Falls – 1891

Dr. Carl Franz Müller (1860-1913) diagnostizierte bei Rosenstengel eine „abnorme Veranlagung“ und „sexuelle Perversität“ mit der Begründung, dass „ihr jedes rein weibliche Sexualgefühl gefehlt zu haben scheint“.

Quelle

Müller, Dr Carl Franz „Ein Weiterer Fall Conträrer Sexualempfindung.“ In Friedreich’s Blatt Für Gerichtliche Medicin Und Sanitätspolizei. Nürnberg: Verlag der Fridrich Korn’sch Buchhandlung, 1891.

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Quelle
  • Eriksson, Brigitte. „A Lesbian Execution in Germany, 1721.“ Journal of Homosexuality 6, no. 1-2 (1981): 27-40.
  • Crompton, Louis. „The Myth of Lesbian Impunity Capital Laws from 1270 to 1791.“ Journal of homosexuality 6, no. 1-2 (1981): 11-25.
  • Faderman, Lillian. „Transvestism: Persecution and Impunity.“ In Surpassing the Love of Men: Romantic Friendship and Love between Women from the Renaissance to the Present. New York: William Morrow and Company, 1981.
  • Kord, Susanne T. „Eternal Love or Senimental Discourse? Gender Dissonance and Women’s Passionate „Friendships“.“ In Outing Goethe & His Age, edited by Alice A. Kuzniar. Stanford: Stanford University Press, 1996.
  • Steidele, Angela. „“Als Wenn Du Mein Geliebter Wärest.“ Liebe Und Begehren Zwischen Frauen in Der Deutschsprachigen Literatur 1750-1850.“ PhD, Universität Siegen, 2002.

Steidele & Rosenstengel

Angela Steidele (*1869) ist eine Autorin, die heute vor allem durch ihre wissenschaftlich recherchierten literarischen Werke mit einem Schwerpunkt auf biografischen Schriften zur schwul-lesbischen Geschichte bekannt ist.

Quellen

Steidele, Angela. In Männerkleidern: Das Verwegene Leben Der Catharina Margaretha Linck Alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, Hingerichtet 1721. Biographie Und Dokumentation. 1st ed. Köln: Bühlau-Verlag GmbH, 2004.
———. In Männerkleidern: Das Verwegene Leben Der Catharina Margaretha Linck Alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, Hingerichtet 1721. Biographie Und Dokumentation. 2nd ed. Berlin: Insel Verlag, 2021.
———. Rosenstengel: Ein Manuskript Aus Demumfeld Ludwigs Ii. . München: btb Verlag, 2015.

Öffentliche Adaptionen