Iphis‘ Geschlechtsumwandlung betrachtet im einem transhistorischen Kontext
In Ovids Metamorphose Iphis geht es um Iphis. Iphis wird als Frau geboren, von der Mutter aber als Mann großgezogen. Als Iphis dann heiraten soll, verzweifelt Iphis, da es unnatürlich ist, wenn zwei weibliche Wesen sich lieben. Aus Verzweiflung wendet Iphis sich im Gebet an Isis, die Iphis‘ Körper zu dem eines Mannes macht und Iphis heiratet Ianthe. Ovid greift mit dieser Erzählung das Thema Gender-Nonkonformität in einem fiktionalen Rahmen auf und wirft damit Fragen zur Existenz von Transidentitäten und derer Akzeptanz in der Antike auf.
Thema
Dieses Projekt zu Iphis und dessen Geschlechtsidentität soll sich mit der Frage
beschäftigen, inwiefern sich die Wahrnehmung zu Iphis und dessen Geschlechtsumwandlung durch das Publikum in der Antike zu heute unterscheidet. Geschichten, die transgeschichtlich interpretiert werden können sind in der Antike häufiger aufzufinden, jedoch wird in der aktuellen Forschung wenig über mögliche Transidentitäten und differenziertere Ideen von Gender in der Antike geschrieben.
Methodischer Ansatz
Zur umfassenden Untersuchung der werden im Laufe des Projekts verschiedene
methodische Ansätze kombiniert werden. Dabei liegt der Fokus auf der Analyse von Quellen und Literatur, die thematisch zur Fragestellung gehört. Der Fokus liegt auf Ovids Metamorphose und Forschungsliteratur zu der Metamorphose Iphis. Zur Betrachtung der Metamorphose werden verschiedene Übersetzungen herangezogen. Da durch die Arbeit der Übersetzerin auch immer auch Interpretationen transportiert werden, kann es bei der Übertragung vom Lateinischen ins Deutsche/Englische zu Veränderungen im Ton und Wortwahl, insbesondere beim Fokus auf Gender, kommen. Deswegen ist eine kritische Betrachtung der Übersetzung besonders relevant. Des Weiteren werden moderne Interpretation betrachtet (zum Beispiel in Buchadaptionen) und die Wahrnehmung des Originaltext (Übersetzung) durch ein aktuelles Publikum. Diese Betrachtung sollen unter dem Aspekt von Queer Theory durchgeführt werden.
Zielgruppe
Dieses Forschungsprojekt richtet sich an verschiedene Zielgruppen, sowohl im öffentlichen als auch im wissenschaftlichen Raum, mit Interesse in Literaturwissenschaft, Geschichtswissenschaft und Geschlechterforschung. Besonders zu erwähnen sind: Studierende und Forschende im Bereich der Geisteswissenschaften, Gender Studies und Queer Theory; Lehrkräfte und Pädagoginnen (vor allem im Bereich Latein, Geschichte und Philosophie), und generell Leserinnen mit Interesse in antike Erzählungen (zum Beispiel Mythen, Göttersagen) und deren Neuerzählungen. Durch die breit gefächerte Zielgruppe hat das Projekt sowohl einen akademischen Nutzen, als auch gesellschaftliche Relevanz, da die Verbindung historischer und moderne Perspektiven auf Geschlecht im Vordergrund stehen.
Format
Die Ergebnisse des Projekts sollen in Form eines interaktiven Vortrags mit einer Lesung einer Übersetzung der behandelten Metamorphose Iphis präsentiert werden. Diese Form ermöglicht es, eine offene Art des Diskurs und durch die Nutzung verschiedene Präsentationsformen und Partizipation der Zuhörenden wird genutzt, um die Rezeption besser angeregt. Zuhörerinnen sollen dazu eingeladen werden, sich mit der Metamorphose nach dem Lesungsteil auseinanderzusetzen und jeder für sich zu notieren, wie sie Iphis und dessen Geschlechtsidentität wahrnehmen, bevor weiter über Forschungsergebnisse präsentiert wird. Durch diesen Ansatz können Zuhörende selbst
Unterschiede zwischen antiker und heutiger Interpretation wahrnehmen.
Reflektion
Da Iphis‘ Geschichte Jahrhunderte alt ist, wurde sie in unterschiedlichsten Kontexten gelesen und interpretiert, es ist daher wichtig, während des Projekts und im Vortrag einen respektvollen Umgang mit den verschiedene Deutungen sicher zu stellen. Perspektive und kultureller Hintergrund können und werden zu verschiedenen Deutungen, zum Beispiel könnte Iphis auch als lesbische Frau gelesen werden, führen, diese Vielfalt sollte bewusst thematisiert werden. Zuhörer*innen sollten im Vortrag ermutigt werden eigene Interpretationen zu formulieren, wobei es wichtig ist, keine Interpretation als richtig oder falsch darzustellen.
Ziel
Ziel ist es einen Raum für offene Diskussion zu schaffen, in dem verschiedenste Sichtweisen miteinander koexistieren können. Ziel ist es die Forschung zu Transpersonen in der Antike weiter zu verbreiten und ein
Bewusstsein dafür zu schaffen, dass auch in der Antike Ideen von Geschlechterwechsle und flexiblen Geschlechterrollen zumindest in Literatur zu finden sind. In aktuellen Debatten wird die Existenz von Transmenschen gerne als „Trend“ bezeichnet, dieses Projekt möchte dagegen argumentieren und zeigen, dass es Fragen zu Geschlechtsidentität schon in der Antike gab.
Bibliographie
- Ovid, Met. 9.666-797, Iphide mutata
- Begum-Lees, R., Que(e)r(y)ng Iphis‘ transformation in Ovid’s metamorphoses, in: Suertes, Allison & Dyer, Jennifer (Hgg.) Exploring gender diversity in the ancient world, S. 106-117, 2020.
- Hänsel, Silvia „Transsexualität“ in der Antike? Über den Geschlechtswechsel bei Ovid und Diodorus von Sizilien
- Lämmle, R., ‘Die Natur Optimieren: Der Geschlechtswandel Der Iphis in Ovids Metamorphosen’, in H. Harich-Schwarzbauer / T. Späth (Hgg.): Gender Studies in den Altertumswissenschaften: Räume und Geschlechter in der Antike, Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier, S. 193–210, 2005.
- Moore, K., The Iphis Incident: Ovid’s Accidental Discovery of Gender Dysphoria, in: Athens Journal of History, Volume 7, Issue 2, S. 95-116, April 2021.
- Ormand, K., Impossible Lesbians in Ovid’s Met., in: R. Anacona/ E. Greene: Gendered Dynamics in Latin Love Poetry, S. 79-111, 2005.
- Sladky, A., A Queer Iphis: Recovering and Reconsidering Translations of Ovid’s “Iphis and Ianthe”, in: Peitho 27 Nr. 1 (2024).
- Watson, J.L., Reframing Iphis and Caeneus: Trans Narratives and Socio-Linguistic Gendering in Ovid’s Metamorphoses, in: Helios, Volume 48, Nr. 2, S. 145-174, 2021.