Die Projekte für das Sommersemester 2025

Queere Geschichtsschreibung auf TikTok

Wie Social Media die historiografische Unsichtbarmachung queerer Identitäten herausfordert

Titel und Thema

Das Projekt untersucht, wie TikTok als Plattform genutzt wird, um trans*
Geschichtsschreibung sichtbar zu machen und hegemoniale historiografische Narrative zu hinterfragen. Im Fokus steht die Frage, welche Strategien TikTok-Nutzerinnen verwenden, um trans* historische Figuren zu rekontextualisieren und gegen deren Unsichtbarmachung in der etablierten Geschichtsschreibung sowohl zu argumentieren als auch positionieren. Das Projekt kombiniert historische Forschung mit einer qualitativen Inhaltsanalyse von TikTok-Videos und Kommentaren. Ziel ist es, die Mechanismen zu verstehen, mit denen digitale Communities alternative Geschichtsnarrative konstruieren, und herauszuarbeiten, inwiefern Social Media historiografische Prozesse beeinflusst.

Warum ist dieses Thema relevant?

Die Geschichtsschreibung hat trans* Identitäten lange marginalisiert oder gänzlich ignoriert. Historische Figuren, die heute als trans* gelesen werden könnten, wurden häufig als „exzentrisch“, „gender-nonkonform“ oder „verkleidet“ beschrieben und ihre Identität entweder falsch kategorisiert oder bewusst entgenderisiert. Gleichzeitig entwickeln sich in sozialen Medien neue Formen der Wissensproduktion, die tradierte Narrative hinterfragen und alternative Perspektiven auf historische Ereignisse eröffnen. Zwar bietet social media
diesen wertvollen neuen Raum für alternative Narrative, doch diese werden oft nicht wissenschaftlich untersucht oder archiviert.

Ziele und Zielgruppe
  • Vergleich populärer Social-Media-Narrative mit wissenschaftlichen und
    historiografischen Perspektiven auf trans* Geschichte.
  • Beitrag zur Reflexion über die Bedeutung digitaler Plattformen für queere
    und trans* Geschichtsschreibung.
  • Analyse, wie trans* Geschichte auf TikTok verhandelt wird und welche
    Strategien zur Dekonstruktion hegemonialer Narrative genutzt werden.
    Wen möchtet ihr mit eurem Projekt ansprechen?
  • Studierende und Forschende im Bereich Geschichte, Gender Studies und
    Medienwissenschaften.
  • Aktivistinnen und Community-Mitglieder, die sich mit trans Geschichte
    und deren Sichtbarkeit beschäftigen.
  • Social-Media-Nutzerinnen, die sich kritisch mit trans*
    Geschichtsschreibung auseinandersetzen.
Format und Umsetzung

Das Projekt wird als qualitative Inhaltsanalyse von TikTok-Kommentaren und -Videos über historische trans* Persönlichkeiten und deren historiografische Unsichtbarmachung umgesetzt.

Es kombiniert:

  • Eine qualitative Inhaltsanalyse von TikTok-Kommentaren und Videos.
  • Eine Diskursanalyse wiederkehrender Narrative und
    Argumentationsmuster.
  • Einen Vergleich mit wissenschaftlicher Literatur zu denselben
    historischen Figuren, um Parallelen und Widersprüche herauszuarbeiten.
    Das Projekt wird als digitale Ausstellung umgesetzt, die zentrale
    Analyseergebnisse in Form einer interaktiven Website oder Social-Media-
    Kampagne präsentiert.

Diese beinhaltet:

  • Kurze Texte mit historiografischen Analysen, um die Social-Media-
    Narrative mit akademischen Debatten zu verknüpfen.
  • TikTok-Beispiele und Kommentar-Auswertungen, um digitale
    Wissensproduktion zu dokumentieren.
  • Visuelle Darstellungen von typischen Mustern in der Social-Media-
    Diskussion über trans* Geschichte.
    Welche methodischen und theoretischen Ansätze leiten euch?
  • Qualitative Inhaltsanalyse: Untersuchung der meistgeteilten
    TikTok-Videos zu trans* historischen Figuren anhand von Hashtags wie TransHistory oder #LGBTQHistory.
  • Diskursanalyse: Analyse wiederkehrender Narrative, Argumentationsmuster und visueller Strategien.
  • Queer Theory (Foucault, Sedgwick): Unsichtbarmachung als Herrschaftstechnik und queere Gegen-Narrative als Form des Widerstands.
  • Public History (Rosenzweig, Thelen): Reflexion darüber, wer Geschichte erzählt und wie sie vermittelt wird.

Mittel und Ressourcen

  • Zugang zu TikTok und relevanten Social-Media-Diskussionen.
  • Analysetools zur Erfassung von Social-Media-Inhalten.
  • Bild- und Videolizenzen für historische und digitale Inhalte.
  • Medienwissenschaftlerinnen für die Analyse digitaler Narrative.
  • Historische Dokumente und Literatur über trans Figuren.
Zeitrahmen und Projektplan
  1. Recherchephase (2 Wochen):
    • Sichtung historiografischer Literatur zu trans* Geschichte.
    • Identifikation zentraler TikTok-Hashtags und Influencerinnen, die
      sich mit trans Geschichte beschäftigen.
  2. Datenanalyse (4 Wochen):
    • Sammlung von TikTok-Videos und Kommentaren zu trans*
      historischen Figuren.
    • Kategorisierung wiederkehrender Muster und Narrative.
    • Vergleich mit akademischen Darstellungen derselben Figuren.
  3. Theoretische Einordnung (3 Wochen):
    • Verbindung der Analyseergebnisse mit queer-theoretischen und
      historiografischen Konzepten.
  4. Schreibphase (3 Wochen):
    • Strukturierung der Ergebnisse und Erstellung der finalen
      Ausarbeitung.
Reflexion

Da trans* Geschichte oft mit sensiblen Fragen verbunden ist,
werden Quellen mit Bedacht ausgewählt und kontextualisiert.
Besondere Beachtung wird der Selbstrepräsentation von trans*
Menschen auf TikTok geschenkt, um ihre Perspektiven nicht durch externe
Interpretationen zu verzerren.

Herausforderungen
  • Dynamik der Plattform: TikTok ist eine schnelllebige Plattform,
    auf der Inhalte häufig gelöscht oder durch neue Trends ersetzt werden. Dies
    erfordert eine flexible und adaptive Methodik.
  • Vergleich mit akademischer Geschichtsschreibung: Während
    TikTok-Nutzerinnen oft bewusst vereinfachte oder zugespitzte Narrative verwenden, arbeitet die Wissenschaft mit komplexeren historiografischen Methoden. Eine methodische Abwägung ist notwendig, um beide Perspektiven angemessen zu analysieren.
Quellen
  • Primärquelle: Auswahl an TikTok-Videos und Kommentaren zu trans historischen Figuren.
  • Foucault, Michel (1977): Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses.
  • Halberstam, Jack (2005): In a Queer Time and Place: Transgender Bodies, Subcultural Lives.
  • Rosenzweig, Roy / Thelen, David (1998): The Presence of the Past: Popular Uses of History in American Life.
  • Sedgwick, Eve Kosofsky (1990): Epistemology of the Closet.
  • Shifman, Limor (2013): Memes in Digital Culture.

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