Kommentierte Übersetzung & Lesung von Randolphs „Amyntas“
„I always thought I was born to be a Queen” (Randloph: Poems, With the Muses Looking-Glasses And Amyntas. Oxford: F. Bowman 1668. S. 185.) sagt Jocasta in Randolphs Drama „Amyntas”. Randolph schrieb das Drama im Jahr 1630, einer Zeit in der, im Gegensatz zu Shakespeares „A Midsummer Night’s Dream“, auf den Glauben an Feen nur noch herabgeschaut wurde (vgl. Horbury, Ezra: Early Modern Transgender Fairies. In: Transgender Studies Quarterly 8:1 2021. S. 75-95. Hier: S. 87.). Jocasta wünscht sich in dem Stück mit Hilfe von einer, von der Fee Oberon bereitgestellten, alchemischen Substanz, zu transitionieren, sodass sie Feenkönig Oberon heiraten kann. Letztendlich stellt sich jedoch heraus, dass Oberon der sterbliche Dorylas ist und es dementsprechend auch keine Möglichkeit der Transition gibt. (vgl. ebd., S. 84)
Ezra Horbury beschreibt in dem Artikel „Early Modern Transgender Fairies“, dass das heute bekannte Konzept Transgender in den frühmodernen Darstellungen von Feen erkennbar sei. So werde Jocasta in dem Stück zwar dafür lächerlich gemacht, an die Möglichkeit einer Transition, und damit an Feen, zu glauben, allerdings nicht für ihre Transness (vgl. ebd., S. 87). Jocasta durchlaufe zwar keine körperliche, aber soziale Transition (vgl. ebd., S. 87).
Interessant ist auch die, im Vergleich zur Gegenwart, einfache Erreichbarkeit von Transition in Geschlecht in dem Drama. So weist Horbury darauf hin, dass Jocasta frei von Kriterien wie Dysphorie, die in der Gegenwart erfordert werden, sei (vgl. ebd., S. 85) und auch biologisch-essentialistische Fragen nicht viel Raum einnehmen würden (vgl. ebd., S. 86).
Bei einem Drama, vor allem in diesem Fall, ist auch die Besetzung von Interesse. So arbeitet Lucy Munro heraus, dass der Fakt, dass Jocasta ausschließlich von Jungen, nicht Männern, gespielt worden sei, dazu beitrage, dass die Transformation auf der Bühne stattfinden habe können. Wäre die Rolle von einem erwachsenen Mann gespielt worden, hätte das Geschehen einen anderen Ton bekommen, da die Veränderungen unmöglicher erschienen hätten. (vgl.
Munro, Lucy: Queering Gender, Age, and Status in Early Modern Children’s Drama. In: Queering Childhood in Early Modern English Drama and Culture. Hg. Von Jennifer Higginbotham und Mark Konzeptionvon Albert Johnston. Cham: Palgrave Macmillan 2018. S. 215-237. Hier: S. 218.)
Projektablauf
Ziel des Projektes ist es, einer breiteren Öffentlichkeit darzulegen, dass Trans, auch wenn es sich dabei um eine moderne Identitätskonzeption handelt, kein Novum ist. Das Projekt steht damit automatisch in einem breiteren politischen Rahmen, in dem Trans-Sein häufig als Trend etc. abgetan wird. Es wäre erfreulich, wenn das Projekt dieser Annahme zumindest ein wenig entgegenwirken könnte.
Phase 1: Übersetzung (ausgewählter Szenen)
Phase 2: Verfassung des kritischen Kommentars
Da „Amyntas“ noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde und auch im akademischen Raum nicht besonders viel Aufmerksamkeit erhalten hat, würde ich als Projektidee zunächst eine Übersetzung ins Deutsche vorschlagen. So wird die Zugänglichkeit des Dramas im deutschen Raum erheblich verbessert werden, da auch Personen, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, den Text eigenständig lesen und sich ein eigenes Bild machen können.
Zu der Übersetzung werde ich einen kritischen Kommentar anfertigen, der das Drama unter den für trans* Geschichte wichtigen Gesichtspunkten beleuchtet und erklärt, warum diese auch in der heutigen Zeit und Debatte noch relevant ist. Phase 1 und Phase 2 werden dabei in der Praxis nicht ganz so strikt voneinander getrennt sein, da die Gedanken, die den kritischen Kommentar konstituieren, auch Übersetzungsentscheidungen beeinflussen und letztere dementsprechend auch ein Thema des Kommentars sein werden.
Aufgrund von zeitlicher und personeller Begrenzung schlage ich eine Auswahl an zu übersetzenden Szenen vor. Diese würde sich auf die aus trans*-Perspektive besonders relevanten Szenen beziehen. Dadurch entsteht zwar eine Einschränkung der Transparenz bzw. der Möglichkeit zur eigenständigen Interpretation auf Basis der deutschen Übersetzung, wird das Projekt allerdings deutlich effizienter gestalten.
Phase 3: Lesung
Die fertige Übersetzung kann dann in Form einer Lesung mit mehreren Sprecher*innen noch lebendiger präsentiert werden. Einen Rahmen hierfür könnte das Symposium bieten.
Zielgruppe und Zugänglichkeit
Das Projekt wird versuchen, auch Personen, die sich zuvor noch nicht so viel in trans* und/oder akademischen Diskursen bewegt haben, anzusprechen, ohne jedoch Personen, die sich bereits mehr auskennen langweilen zu wollen. Diese Zugänglichkeit könnte daher beispielsweise über einen Glossar, in dem sich parallel nachschlagen lässt, erreicht werden. Realistisch betrachtet wird das Projekt jedoch primär Personen erreichen, die an Literatur bzw. Dramen und/oder
trans* Geschichte interessiert sind.
Methodische und theoretische Ansätze
Für die Betrachtung der Beziehung der queeren/trans* Gegenwart zur Vergangenheit, ist der von Valerie Traub eingeführte Kompromiss von Relevanz: Sie geht davon aus „that we will find in the past a mirror image of ourselves nor that the past is so utterly alien that we will find nothing usable in ist fragmentary traces.“ (Traub, Valerie: The Renaissance of Lesbianism in Early Modern
England. Cambridge: Cambridge University Press 2002. S. 32)
Auch Caroyln Dinshaw bietet in dieser Hinsicht einen wichtigen Ansatz: „I focused on the possibility of touching across time, collapsing time through a ective contact between marginalized people now and then, and I suggested that with such queer historical touches we could form communities across time.” (Dinshaw, Carolyn, Lee Edelman, Roderick A. Ferguson, Varla Freccero, Elizabeth Freeman, Judith Halberstam, Annamarie Jagose, Christopher S. Nealon und Tan Hoang Ngyuen: Theorizing Queer Temporalities. A Roundtable Discussion. In: A
Journal Of Lesbian And Gay Studies 13:2 2007. S. 178. siehe auch: Dinshaw, Carolyn: Getting Medieval: Sexualities and Communities, Pre- and Postmodern. Duke University Press 1999.)
Der Begri Transgender wird in diesem Sinne nicht als Identitätsbezeichnung, sondern als „catch-all for forms of gender instability“ (Horbury: Early Modern Transgender Fairies, S. 77) verstanden.
Für die Praxis des Übersetzens bietet Emily Roses Begri der Rolle desder Übersetzerin einen wichtig Zugang: „Once the power of the translator is acknowledged, we can see that the target text is no longer shackled to the source text […] The translator has the power to shape transgender identity
in their translations.” (Rose, Emily: Keeping the Trans in Translation. Queering Early Modern Transgender Memoirs. In: Transgender Studies Quarterly 3:3-4 2016. S. 485-505. Hier: S. 495-496.)
Abschließende Reflektion
Ein Aspekt, der bei der Übersetzung zu beachten wäre, ist, dass die Möglichkeit besteht, dass bestimmte Übersetzungsentscheidungen zu sehr von der trans-geschichtlichen Perspektive geleitet werden. Da der Zweck der Übersetzung auch nur in diesem Rahmen besteht und du verschied- sowieso von Vornherein aus trans Perspektive relevante Szenen ausgewählt werden, ist dies zu einem bestimmten Grad auch logisch/sinnvoll. Trotzdem sollte kritisch überdacht werden, weshalb sich für eine Übersetzungsmöglichkeit entschieden wurde und dies je nach Fall auch im Kommentar oder in einer Fußnote erwähnt werden.
Ein weiterer Punkt ist, dass das Publikum für die Problematik sensibilisiert werden sollte, die sich aus dem Übertragen moderner Identitätsbezeichnungen auf historische Subjekte ergibt. Hier gehe ich allerdings davon aus, dass sich in diese Thematik im Rahmen des Kommentars gut einführen lässt.